Nord-Süd Dialoge für BNE und Globales Lernen: Kommentar zu dem Weltweit Wissen Kongress in Kassel vom 26.09 bis 28.09.2024 mit dem Themenschwerpunkt “Globaler Zusammenhalt und Partizipation”.

Nach der Erfahrung im Weltweit Wissen Kongress im September 2024, wurde für mich ersichtlich, dass ein Dialog auf Augenhöhe immer noch ein fernes Ziel für viele Menschen bleibt, die sich im Rahmen des Globalen Lernens und BNE engagieren und doch sich für diese einsetzen möchten.

 

In den verschiedenen Podiumsdiskussionen erlebte man, vor allem zu Beginn des Kongresses, eine mangelnde Fädelung der verschiedenen Stimmen die da zum Ausdruck kommen wollten. Von dem Publikum gestellte Fragen, blieben viele nicht beantwortet und ein Gefühl der Machtlosigkeit und Unverständnis machte sich spürbar, was sich später in Workshops und Plenum widerspiegelte. Es wurden neokoloniale Verhältnisse angesprochen und rigide Bildungsstrukturen hinterfragt, die dann aber zunehmend in Gesprächen und bei der Fishbowl- Diskussion wieder stark angesprochen wurden und dadurch die Notwendigkeit eines ehrlichen Dialoges offensichtlicher machte.

 

Was genau damit gemeint wurde, konnte man in der Intervention von Francisca Gallegos vom Epiz e.V. sehr deutlich heraushören, als sie von Dekolonialisierung sprach. Dekolonialisierung in allen Ebenen und bei allen Akteuren und Akteurinnen. Bei Migranten und Migrantinnen und bei der lokalen Lehrerschaft. Auf mentaler Ebene und in Bildungsstrukturen, um sowohl die eigene Erkenntnis zu Herkunft und koloniales Erbe ins Bewusstsein zu bringen, als auch das deutsche Lehrerbild dazu zu sensibilisieren.

 

Das dies einer Tatsache entspricht, konnten auch die anderen Teilnehmer bestätigen, die über fehlenden Räume für solche Dialoge sprachen. Auch auf politischer Ebene, damit über nachhaltige Entwicklung überhaupt die Rede sein kann. Die koloniale Wunde ist überall noch sehr groß und dadurch, die Mühen zu einer realen Inklusion sehr eng, weil deswegen auch wesentliche Konzepte nicht weitreichend genug ausgearbeitet werden. Was bedeutet zum Beispiel “Bildung dekolonisieren”? Oder was verstehen wir unter “Menschen mit Beeinträchtigung”? Was haben “Inklusion” und “Klimagerechtigkeit” miteinander zu tun? Wie viel und was wissen wir über die “Länder des Globalen Südens”? Wo kommt die Auseinandersetzung zu diesen Fragen zum Ausdruck?

 

Unser Verständnis über den Menschen und seine Stellung in der Welt haben wir zu sehr vernachlässigt, bzw. komplett aus dem Blick verloren und damit auch unsere Bindung zur Natur. Die Konsequenzen davon sind unsere heute für alle spürbaren Polykrisen in der Welt und stellen damit eher eine “Schieflage im Verständnis” -in einer Stimme aus Kamerun-, als ein Dialog auf Augenhöhe dar.

 

Für uns, als Repräsentanten des südamerikanischen Globalen Südens, steht im Vordergrund die multiethnische Gesellschaft und die kulturelle Vielfalt in einer Region -wie alle im Globalen Süden-, die für den Globalen Norden immer noch als Ressourcentopf für den eigenen Wohlstand gilt, ohne dass da grundlegend mit und über die Menschen die dort leben –und aus diesem Grund auch “überleben”- diskutiert wird. Das Globale Lernen öffnet nun diese Möglichkeiten und die Kasseler Erklärung 2024 hat in seinen Forderungen unter dem Motto: “Globales Lernen & Bildung für nachhaltige Entwicklung strukturell stärken!” dies auch noch unterstrichen.

 

Die Möglichkeit eines authentischen Austausches zwischen Kulturen, ohne dass sich eine über die andere stellt, sondern dass wir endlich ein offenes Ohr und ein offenes Herz werden, um in der Begegnung eine gegenseitige Bereicherung erleben zu können, wenn vor uns ein Mensch steht, der in unseren Augen erstmal “Anders” ist, wäre doch erstrebenswert. Denn, wer ist nun anders für wen? Und wer hat die Macht über die “Andersheit” des anderen zu bestimmen? Oder wie viel “Andersheit” dürfen wir uns in diesem Zeitalter erlauben, wo doch die Stimmen der Intoleranz weltweit lauter werden? Müssen Konfrontationen immer mit Gewaltausübung stattfinden? In welcher Form diese auch erscheinen mögen (z.B. durch ignorieren dieser Andersheit).

 

Begegnungen mit Träger von Ahnenweisheiten sind in unserer heutigen Welt keine Seltenheit mehr, wo doch die Lebensgrundlagen vieler Völker soweit ausgeschöpft wurden, dass sie nun selbst aufgestanden sind, um in die Welt hinaus zu gehen und diese Begegnungen zu erzwingen. 500 Jahre harter kolonialer Geschichte haben es nicht geschafft das wertvollste zu erlöschen, was aber nur durch die Sicherung der Existenzgrundlagen weiter existieren kann. Nämlich genau das Wissen wofür diese Menschen stehen. Menschliches Wissen, was letztendlich auch “Weltkulturerbe” ist.

 

Wir sollten es uns nicht mehr leisten, “die Stimmen aus anderen Regionen schweigen zu lassen”, hörte man andere Teilnehmer im Kongress sagen und deuten genau darauf hin, diese Menschen als Hüter dieser Weisheiten zu sehen, die allesamt die Achtung der Natur emporheben, um unsere Bindung zu ihr in den Vordergrund zu stellen. Dies verloren zu haben ist wohl unser größtes Leid.

 

Als BoyeGallegos möchten wir uns zu dem positionieren. Eine nachhaltige Entwicklung kann nur gelingen, wenn wir uns als Menschen selber tragen können. Und das können wir nur unter dem Erhalt unserer Erde, was wohl eines der wichtigsten Aussagen der Naturvölker bleibt: “Wir gehören zur Erde und nicht umgekehrt!”

 

Mit ihr alles, ohne sie gar nichts!

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